Bei Ihnen ist eine Autoimmunerkrankung oder eine chronische Entzündung diagnostiziert worden? Sie fragen sich, wie sie entstehen konnte? Im Folgenden eine kurze Erklärung dazu.
Wie entstehen chronische Entzündungen?
Wenn Erreger und Fremdkörper (z.B. über Verletzungen, die Atemluft, den Magen-Darm-Trakt) in den Körper eindringen, reagiert das Immunsystem sofort. Es löst u.a. eine akute (kurzzeitige) Entzündung aus, um mit dieser Selbsthilfemaßnahme die Erreger zu überwinden.
Zu diesem Zweck wird der betroffene Körperteil stärker durchblutet, dies geht meist mit Rötung, Schwellung und Erwärmung einher. Dadurch können viele Immunzellen über die Blutbahn herbeitransportiert werden und ihre heilende Arbeit verrichten. Indem der Körperteil schmerzt und vorübergehend nur eingeschränkt funktioniert, sorgt man instinktiv dafür, dass er während dieser Zeit geschont wird.
Ist der Erreger oder Fremdkörper überwunden, werden die Reststoffe aus dem Körper ausgeschieden. Damit ist die Entzündungsreaktion ordnungsgemäß beendet.
Wenn jedoch der Störfaktor nicht überwunden und nicht ausgeschieden werden kann, also im Körper verbleibt oder weiterhin ständig von außen auf ihn eindringt, muss das Immunsystem die Entzündung ebenfalls permanent aufrechterhalten. Die Entzündung ist dann chronisch (langandauernd) geworden.
Welche konkreten Ursachen können eine chronische Entzündung auslösen oder aufrechterhalten?
Viele verschiedene Faktoren, die von außen und innen auf den Körper einwirken, können chronische Entzündungen und somit auch Autoimmunerkrankungen auslösen. Dazu zählen z.B.:
- Vorausgegangene Infektionen
- Schwermetalle
- Einige Medikamente und auch Nahrungsergänzungsmittel, die die geregelten Verdauungsprozesse stören
- Antibiotika und andere Faktoren, die das gesunde Darmmikrobiom (d.h. Gesamtheit der Bakterienstämme und anderer Mikroorganismen im Darm) beeinflussen können
- Eine Östrogendominanz (d.h. Übergewicht des Hormons Östrogen gegenüber dem Hormon Progesteron), die aus der Ernährungsweise oder Verhütungsmitteln entstehen kann
- Unverträgliche Lebensmittel und nachteilige Ernährungsgewohnheiten
- Eine entzündlich veränderte Darmschleimhaut, die ihre natürliche Barrierefunktion nicht mehr ausreichend erfüllen kann und zu durchlässig wird
- Eine überforderte Leber, die ihrer Entgiftungsfunktion nicht mehr ausreichend nachkommen kann
- Eine größere Menge an Viszeralfett (sog. Eingeweidefett), das wie eine kleine Chemiefabrik entzündungsfördernde Botenstoffe produziert
- Mängel an Vitalstoffen (Vitamine, Mineralien, Enzyme, bestimmte Fettsäuren), die der Körper benötigt, um eine Entzündungsreaktion ordnungsgemäß beginnen und beenden zu können
- Stress, der das Darmmikrobiom – mit seiner zentralen Bedeutung für ein gesundes Immunsystem – beeinflussen kann
Häufig liegt auch nicht nur eine einzelne Ursache, sondern eine Kombination mehrerer Ursachen vor.
Erfahrungsgemäß müssen aber nicht alle ganz kleinen Ursachen behoben werden, sondern das Entfernen der Hauptursache(n) entlastet bereits. So kann der Körper neue Kraft für seinen Selbstheilungsprozess schöpfen.
Mit welchen Symptomen kann sich eine chronische Entzündung äußern?
„Chronische“ Entzündungen zeigen die typischen Anzeichen einer „akuten“ Entzündung (Schmerz, Überwärmung, Rötung, Schwellung, Funktionseinschränkungen) meist nur in abgeschwächter, manchmal fast unmerklicher, unterschwelliger Form. Sie gehen stattdessen oft mit allgemeinen, unspezifischen Anzeichen einher, z.B.:
- Müdigkeit, Leistungsschwäche: eine erhöhte Abwehrleistung des Immunsystems kostet viel Kraft, die anderswo im Körper fehlt
- Allgemeines Krankheitsgefühl – man fühlt sich „einfach nicht richtig gesund“
- Unklare Schmerzzustände
- Infektanfälligkeit
- Depressionen: durch Entzündungen kann der der normale Stoffwechsel des Nervenbotenstoffs Serotonin gestört werden
- Gewichtszunahme
- Gestörter Hormonhaushalt, weil Immunsystem, Nervensystem und Hormonsystem eng miteinander verwoben sind
- Eine Schwächung der Energiekraftwerke der Zellen (Mitochondrien), die mit reduzierter Leistungsfähigkeit von Organen einhergeht
Allergien und Autoimmunerkrankungen als mögliche Folgen einer chronischen Entzündung
Das gesunde Immunsystem erfüllt zwei Aufgaben:
- Es wehrt Fremdstoffe ab.
- Es unterscheidet fremde von körpereigenen Zellen, damit diese nicht vom Abwehrsystem angegriffen werden. Lebenswichtige Nährstoffe oder das ungeborene Kind im Mutterleib dürfen natürlich auch nicht angegriffen werden.
Das Immunsystem besitzt also die Fähigkeit, zu unterscheiden, ob es körpereigene Zellen, harmlose Fremdstoffe oder gefährliche Fremdstoffe vor sich hat, ob somit „Toleranz“ oder „Abwehr“ angesagt sind.
Ist das Immunsystem aber permanent gereizt durch eine chronische Entzündung, können diese normalen Unterscheidungsprozesse durcheinanderkommen:
- Es können bislang als harmlos erkannte Fremdstoffe (z.B. Nahrungsmittel) jetzt als schädlich eingestuft und attackiert werden – eine Allergie kann entstehen
- Darüber hinaus kann es zu weiteren Sensibilisierungen / Unverträglichkeiten kommen, z.B. gegenüber Histamin (einem körpereigenem Botenstoff, der auch in vielen Lebensmitteln enthalten ist)
- Es können zudem auch eigene Körperzellen irrtümlich für fremd gehalten werden. Sie werden jetzt vom Immunsystem angegriffen – eine Autoimmunerkrankung kann entstehen
Beispiele für Autoimmunerkrankungen
Da im Prinzip jedes Gewebe und jedes Organ des Körpers von einer Autoimmunerkrankung betroffen sein kann, ist deren Anzahl groß.
Bei einigen Erkrankungen ist auch erst seit kurzer Zeit bekannt bzw. wird von WissenschaftlerInnen diskutiert, dass daran autoimmune Vorgänge mitbeteiligt sein können. Da die Erforschung von Autoimmunerkrankungen kontinuierlich weitergeht, erhebt die folgende Liste keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Auch wenn der Name der Autoimmunerkrankung, von der Sie ggf. betroffen sind, hier nicht genannt ist, so sind doch die fachlichen Informationen auf dieser Seite auch für Sie gedacht.
Es sind Mehrfachnennungen möglich, da einige der Autoimmunerkrankungen mehrere Namen haben.
Akne inversa
Alopecia areata
Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis (NMDA = N-Methyl-D-Aspartat)
Antiphospholipid-Syndrom
APECED (Autoimmune Polyendocrinopathy Candidiasis Ectodermal Dystrophy)
Bullöses Pemphigoid
Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis
CIDP (chronisch inflammatorische demyelinisierende Polyradikuloneuropathie)
Colitis ulcerosa
Dermatomyositis
Diabetes mellitus Typ 1
Dermatitis herpetiformis Duhring
Endokrine Orbitopathie
Enteropathie, autoimmune
Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis
Epidermolysis bullosa acquisita
Gastritis, autoimmune (Gastritis Typ A)
Glaukom, autoimmunes
Glomerulonephritis
Gluteninduzierte Ataxie
Goodpasture-Syndrom
Granulomatose mit Polyangiitis
Guillain-Barré-Syndrom
Hashimoto-Thyreoiditis
Hepatitis, autoimmune
HLH (hämophagozytische Lymphohistiozytose)
Idiopathische thrombozytopenische Purpura
Immunthrombozytopenie
Infertilität, autoimmune
Interstitielle Zystitis
Kawasaki-Syndrom
Kutane leukozytoklastische Angiitis
Kryoglobulinämische Vaskulitis
Lichen sclerosus
Lichen mucosae
Lichen ruber
Lineare IgA-Dermatose
Lupus erythematodes (verschiedene Formen)
Mikroskopische Panarteriitis
Mikroskopische Polyangiitis
Mischkollagenose
Morbus Basedow
Morbus Behçet
Morbus Boeck
Morbus Crohn
Morbus Bechterew
Morbus Wegener
Morbus Werlhof
Multiple Sklerose
Myasthenia gravis
Myokarditis, autoimmune
Narkolepsie, autoimmune
Panarteriitis nodosa
PANDAS (Pädiatrische autoimmun-neuropsychiatrische Krankheiten)
Pemphigus foliaceus
Pemphigus seborrhoicus
Pemphigus vulgaris
Polyangiitis mit Granulomatose
Polychondritis
Polymyalgia rheumatica
Polymyositis
Psoriasis
Psoriasis-Arthritis
Purpura Schönlein-Henoch
Rheumatisches Fieber
Rheumatoide Arthritis
Riesenzellarteriitis
SAPHO-Syndrom (Synovitis, Akne, Pustulosis palmoplantaris, Hyperostose, Osteitis/ Osteomyelitis)
Sarkoidose
Schuppenflechte
Sjögren-Syndrom
Sklerodermie
Stiff-Man-Syndrom
Susac-Syndrom
Sympathische Ophthalmie
Takayasu-Arteriitis
Vaskulitis, autoimmune (verschiedene Formen)
Vitiligo
Zöliakie